Workshop: „Kein Film ohne Geschichte“

Veröffentlicht von as am

mit Lena Krumkamp, Drehbuchautorin

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Bildrechte: Jorczyk / Grimme-Institut

„Was ist eigentlich eine Geschichte?“ – diese Frage muss man sich beim Film zuerst stellen, so Drehbuchautorin Lena Krumkamp. Und das, bevor man überhaupt mit der eigentlichen Arbeit, dem Filmmachen selbst, beginnt. Vor der Praxis kommt also die Theorie. Und diese Theorie besteht aus mehreren Stufen, der Heldenreise. Kurz gesagt: Jede Geschichte hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Am Anfang wird der Held eingeführt, in der Mitte löst er einen Konflikt und am Ende ist er klüger, reicher und glücklicher als zuvor.

In ihrem Workshop „Kein Film ohne Geschichte“ will Lena Krumkamp gemeinsam mit den rund 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Frage auf den Grund gehen, wie eigentlich eine gute Geschichte geschrieben wird. Die Referentin hat einen Masterabschluss im Bereich Drehbuch der Hamburg Media School, ihr Abschlussfilm „Stufe Drei“ gewann über 20 Preise, darunter den renommierten Max-Ophüls-Preis für den besten mittellangen Film. Sie schrieb außerdem das Drehbuch und Konzept für die ZDF-Serie „Komm schon!“, die für den Grimme-Preis nominiert wurde. 2016 schrieb sie mit „Wo kein Schatten fällt (AT)“ ihr Kinodebüt, das 2018 Premiere bei den Hofer Filmtagen feiert.

Bildrechte: Jorczyk / Grimme-Institut

Die Faustregel des Storytellings: Ein Held muss her, der sich auf eine Reise begibt. Das lässt sich an verschiedenen Beispielen der Filmgeschichte belegen: Bridgets Jones größtes Problem, ihre Einsamkeit, wird schon zu Beginn des Films vorgestellt (https://www.youtube.com/watch?v=t8iTZm8-mbA) . Vivien Ward aus Pretty Woman hat einen Mentor, der ihr den Weg von der alten in die neue Welt zu erleichtern versucht (https://www.youtube.com/watch?v=91ET3y4q5Os). Die wichtigste Zutat bei allen Filmen? Emotionen. Und die müssen von Storytellern selbst kreiert werden. Erst diese lösen Empathie aus und greifen menschliche Bedürfnisse und Werte auf.

Deutlich wird – die Filmidee steht und fällt mit dem Helden. Das Schreiben von Drehbüchern scheint vielschichtig und komplex zu sein und oft ist es schwierig, einfach drauf los zu schreiben. „Es gibt immer einen Punkt, mit dem man anfängt. – Und das ist meistens die Figur. Im Film bist du der Anwalt für deine Figur“, so die Referentin. Lena Krumkamp startet ein Experiment, um diese These zu verdeutlichen. Die Idee: Mithilfe von einigen Fragen an die Teilnehmenden des Workshops soll ein Held kreiert werden. Fun Fact: Sie hat das Experiment schon mit anderen Gruppen gemacht – und aus einer Idee ist sogar einmal ein Abschlussfilm einer Drehbuchstudentin entstanden.

Bildrechte: Jorczyk / Grimme-Institut

Das Ergebnis des Medienfrauen NRW 2018-Workshops: Elody. Sie ist eine 27 Jahre alte, leider nicht sonderlich erfolgreiche Bildhauerin, deren größtes Ziel es ist, ihre Arbeiten im Louvre in Paris auszustellen. Ihre blinden Eltern aus der Mittelschicht unterstützen ihre Arbeit nicht, genausowenig ihre On-Off-Freundin, die lieber ihre eigene Karriere im Blick hat. Was deutlich wird: Jede Entscheidung, die man für eine Figur trifft, spinnt die eigentliche Geschichte rund um die Figur weiter. Am Ende stellt sich die Frage: Wovon träumt die Protagonistin? Laut der Referentin hat jede Figur zwei Ziele innerhalb einer Geschichte. Und zwar zum einen das „Want“, also das äußere Ziel, das am Ende des Films erreicht werden will und das „Need“, also das innere Ziel, welches die Figur zum Erreichen des „Wants“ braucht. Elodys „Want“ ist das Louvre und ihr „Need“ ist der Wunsch, gesehen zu werden. Wie wird Elodys Heldenreise ausgehen? Die Teilnehmenden sind sich einig: Elody schafft das!

Am Ende des Workshops gibt Lena Krumkamp Tipps für das erfolgreiche Schreiben von Drehbüchern und berichtet aus ihrem Berufsalltag: zehn Seiten Exposé für einen Film sind die Regel, sogar 25 Seiten müssen es für Serien sein. Das kann schon mal rund fünf Monate ohne Gehalt bedeuten. Und dann kann es auch passieren, dass mit einer Idee gar nichts passiert.  „Man sollte eine große Schublade haben. – Nicht jede Idee wird gekauft und wenn dir jeder etwas anderes zu deinem Drehbuch sagt, dann leg es erst einmal zurück in die Schublade. Und hol es in fünf Jahren nochmal raus, und schaue, ob du es immer noch gut findest.“

Wenn der Berufswunsch immer noch besteht, empfiehlt die Referentin den klassischen Einstieg über Filmhochschulen. Trotzdem besteht der Beruf nur zu 50% aus Handwerk und gelernten Techniken – der Rest ist Talent. Lena Krumkamps Empfehlung: Drehbücher lesen!

Dokuteam, Autorin: Nadine Aniol

Kategorien: Live-Blog