Medienfrauen NRW 2014: Panel 1

Veröffentlicht von richert am

mf-2014_0211Mit Rita Bollig, Silke Burmester, Bianca Hauda, Linda Kruse und Kim Lenar sind Frauen aus fast allen Medienbereichen auf der Bühne. Nach einer kurzen Vorstellung durch Bella Lesnik beginnt die Runde mit der ersten Frage.

Bella Lesnik: Kim, du warst von Anfang an bei den Medienfrauen dabei und konntest immer etwas Neues erzählen, womit beschäftigst du dich aktuell?

Kim Lenar: Ich möchte möglichst vielfältig arbeiten und wollte nach der „BILD“-Zeit möglichst abwechslungsreich tätig sein. Derzeit arbeite ich bspw. für die „IN!“, entwickle Konzepte, spreche mit den beteiligten Prominenten. Zudem habe ich den Springer-Verlag als Kunden gewonnen. Dort bin ich Trainerin für Online-Redakteure und berate darüber hinaus Firmen, die sich online vergrößern wollen. Genau das finde ich großartig.

Bella Lesnik: Was macht Ihr so in einem Games-Studio? Spielen?

Linda Kruse: Meine Woche besteht nicht nur aus Spielen, sondern auch aus Gamedesign, Leveldesign, neue Projekte planen, mit Mitarbeitern sprechen, Buchhaltung usw. Und zum Thema nach vorne gehen als Frau: Ich bin heute total glücklich, dass meine neue App ab heute im Appstore erhältlich ist, daran habe ich drei Jahre gearbeiten. Es ist ein englisches Lernspiel.

mf-2014_0165Bella Lesnik: Bianca, wie ist eine EinsFestival Woche und wie ist eine EinsLive Woche?

Bianca Hauda: Manchmal ist es ziemlich stressig, wenn alles zusammen kommt und man sich parallel auf viele Gäste vorbereiten und sich Interviews überlegen muss. Diese Woche ist zum Beispiel so.

Bella Lesnik: Wie sieht eine typische Woche bei Dir aus, Silke?

Silke Burmester: Ich bin eine ganz klassische Printjournalistin, sitze alleine in meinem Kämmerlein, recherchiere, spreche mit Leuten und gebe anschließend das fertige Werk ab und hoffe, dass es gut ist. Die taz-Kolumne fällt mir zum Beispiel sehr leicht, die Spiegel-Kolumne ist dagegen sehr anstrengend, da man gutes politisches Material braucht. Dazu kommen weitere freiberufliche Tätigkeiten, damit das nötige Geld zusammenkommt.

Bella Lesnik: Klingt nach 24 Stunden on.

Silke Burmester: Nein, ich schalte auch ab, ich bekomme es auch hin, mal ein „Betrieb geschlossen“- Schild online rauszuhängen. Ja, ich bin sehr präsent, aber eben nicht immer, sonst wird man irre.

Bella Lesnik: Rita, was macht man als Leiterin der digitalen Sparte im Bastei Lübbe Verlag?

Rita Bollig: Ich bin ganz stark vernetzt mit meinen Kollegen und es geht darum Projekte anzustoßen für uns als traditioneller Buchverlag. Jetzt gibt es auch App-Entwickler und das gilt es weiter voranzutreiben.

In dem Job als Buchhändler kommt man irgendwann nicht wirklich weiter, man kann zwar irgendwann einen Bereich leiten, aber ich wollte eben noch mehr machen. Bei Bastei Lübbe konnte ich nebenbei noch studieren und so hat das geklappt.

Bella Lesnik: Wie seid Ihr dorthin gekommen, wo Ihr heute seid?

mf-2014_0208Silke Burmester: Ich habe mir immer große Ziele gesetzt. Als ich jünger war, wollte ich bspw. auch mal Bundeskanzlerin werden. Aber ich wusste früh, dass ich mir große Ziele stecken muss, um zufriedenstellende Dinge zu erreichen. Ich wusste ganz genau, was ich wollte und habe dieses Ziel auch verfolgt.

Bianca Hauda: Ich wollte zuerst Theaterschauspielerin werden, kam aber nie in die letzte Runde. In Siegen, an meinem Studienort, bin ich dann zum Radio gekommen. Eine meiner ersten Reportagen war in einem Schwimmbad, in einem Schlauchboot mit einem Nikolaus. Später habe ich dann angefangen, beim Fernsehen Sendungen zu moderieren. Nach Remscheid, Siegen und Baden-Baden dachte ich mir, ich versuche es einfach mal bei EinsLive und das hat geklappt. Wenn man etwas wirklich will, muss man die Leute anschreiben und fragen, was geht!

Linda Kruse: Ich habe schon früh über meinen Bruder einen Computer gehabt und daran gearbeitet. Ich habe Film studiert. Danach dachte ich, das war es nicht so ganz. Also hab ich Games studiert. Ich hatte kein genaues Ziel, aber irgendwie hat es immer geklappt.

Kim Lenar: Ich hab manchmal das Gefühl, dass nicht mein Kopf, sondern mein Bauch entscheidet. Wenn etwas keine Herausforderung mehr ist, dann fange ich an mich umzusehen. Häufig war es auch das Gegenteil zu dem, was ich vermeintlich wollte. Ich wollte schreiben, aber dann hat sich etwas beim Fernsehen ergeben. Ja, das war zwar kaltes Wasser, aber was soll denn schlimmstenfalls passieren? Wenn man mir früher gesagt hätte, ich arbeite mal bei BILD, hätte ich als Tochter aus einem Sozi-Haushalt auch gedacht: nie im Leben.

Bella Lesnik: Inwieweit ist Scheitern für eure Lebensentwürfe wichtig gewesen?

mf-2014_0184Bianca Hauda: Wichtig ist, zu wissen, was man nicht will. Ich wollte nicht weiter die Morning-Show moderieren, weil ich einfach nicht der Typ bin, der früh aufsteht. Und Baden-Württemberg war wirklich nichts für mich und da habe ich gekündigt, hatte aber noch nicht den Job in Köln. Aber es war vollkommen richtig, sonst wäre vielleicht etwas anderes gekommen.

Silke Burmester: Ich finde das Wort „Scheitern“ so groß, warum nicht eher ausprobieren? Ich finde ausprobieren wichtig. Die Welt ist bunt, man muss auch das finden, was einen ausmacht. Ich finde Mittelmaß schlimm, ich mag Perlen und das sind die, die genau wissen, was sie können.

Rita Bollig: Die Elterngeneration von uns hat immer gesagt: „Wenn man etwas anfängt, muss man es auch zu Ende bringen“, aber macht das nicht, das ist kostbare Lebenszeit, wenn ihr drei Jahre in einem Ausbildungsberuf festsitzt und eigentlich schon wisst, dass es nicht das Richtige ist.

Eine Frage aus dem Publikum an Kim Lenar, was genau das Medientraining sei.

Kim Lenar: Zu mir kommen Menschen, die etwas vor der Kamera machen wollen, auch manchmal Berufsanfänger. In dem Seminar zeige ich, wie man Bewegtbild für den Online-Bereich erstellen kann und Menschen beibringt, sich vor der Kamera zu bewegen.

Bella Lesnik: Gab es Leute, die euch in die richtige Richtung geschubst haben?

Silke Burmester: Ich habe mir manchmal Strukturen gewünscht, die mich in einem großen Haus gefördert hätten. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben, aber ich bin nicht zufrieden mit dem Geld. Das Glück, in einem großen Haus von klein an gefördert zu werden, hatte ich nicht und Jungs fördern nunmal Jungs. Also sucht euch eine Frau, die euch fördert!

mf-2014_0214Frage aus dem Publikum: Wer von euch hat Familie und wie klappt das?

Silke Burmester: Vom Vater meines Kindes bin ich getrennt; ich habe ihm frühzeitig gesagt, dass er mir nicht im Weg stehen kann, wenn ich mich beruflich weiterentwickle, also hat er mir viel abgenommen, wenn ich Termine hatte oder anderes. Und so konnte ich durchstarten.

Bella Lesnik: Der Vater des Kindes und ich teilen uns die Betreuung 50/50. Ein Kind kann man nicht wegdiskutieren.

Frage aus dem Publikum:  Wie ist das mit dem Geld?

Rita Bollig: Männer fragen auch schon mal bei anderen nach, was diese so verdienen und haben so einen Überblick und können selbstbewusster auftreten. Die können super für sich verhandeln. Man muss auch für sich sorgen.

Kim Lenar: Männer trauen sich auch, nach mehr Gehalt zu fragen. Ein bekannter Vorgesetzter schrieb einer Frau eine SMS, dass ihm ihr Beitrag gefallen hat. Er weiß, dass sich die Frau freut und es danach noch besser macht und sich noch mehr Mühe gibt. Der Vorgesetzte würde aber keinem Mann die gleiche SMS schicken, da er wüsste, dass dieser montags in der Tür steht und sagt: Du magst, was ich mache? Was heißt das in Zahlen?

Bella Lesnik: Silke, erzähl bitte mal über ProQuote.

Silke Burmester: Der Verein ProQuote hat sich vor zwei Jahren gegründet. Wir fordern eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent auf allen Führungsebenen bis 2017 – in allen Print- und Onlinemedien, TV und Radio. Dunja Hayali vom ZDF sagte zur Quote: „Die Quote ist das Miststück, das wir brauchen.“

 Bella Lesnik: War es für euch schon mal ein Nachteil, eine Frau zu sein?

Auf dem Panel 1 hat in dieser Gesprächsrunde keiner das Gefühl, dadurch benachteiligt zu sein. Silke Burmester sagte: „Boulevard-Magazine sind eher frauenfreundlich“. Ihr guter Rat ist, dass man früh anfangen solle, auf medienspezifische Treffen zu gehen. Meistens sind diese Treffen männerdominiert. Aber meistens kennt man einen Redakteur und der wiederum kennt einen anderen und so bekommt man ein Standing in der „Herde“.

Diese Worte leiten zum Schlusswort über:

Rita Bollig: Es hilft, sich früh bemerkbar zu machen. Eine Beispielveranstaltung in der Verlagsbranche ist zum Beispiel die Buchakademie, zum Beispiel mit einem Recruting-Day.

Bianka Hauda: Es hilft auch, einfach mal die Leute anzuschreiben und zu fragen. Oder man macht selber etwas, wird kreativ sein und gerät so an die richtigen Leute.

Linda Kruse: Es ist auch gut, sich Praktika zu besorgen. Schlüsselqualifikationen sind wichtig, aber hat man das, was man liebt, auch schon mal in seiner Freizeit ausprobiert?

Kim Lenar: Die Medien sind ein gigantischer Spielplatz und man muss sich ausprobieren. Und sich gegenseitig unterstützen ist wichtig! Netzwerke nutzen und gründen.

Frage aus dem Publikum: Hat man auch von Anfang an die Möglichkeit, in ein bestimmtes Ressort zu kommen?

Silke Burmester: Ja, ausprobieren, am besten selber machen. Nimm das Internet und mach das. Ich hatte die ersten Aufträge aufgrund von Planet Pussy. Je abseitiger, desto besser.


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