Medienfrauen NRW 2014: Workshop 3 – „Film“

Veröffentlicht von richert am

mf-2014_0561Gïti Hatef-Rossa arbeitet als freie Journalistin und Drehbuchberaterin. Nach Abschluss ihres Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Kunstgeschichte, Romanistik und Journalistik an der Ruhr-Universität Bochum, der TU-Dortmund und der Università di Siena absolvierte sie das Grimme-Volontariat „More Colour in the Media“ und arbeitete u.a. für den WDR (Köln), die RAI (Florenz), den rbb (Berlin) und den World Service der BBC in London. Sie hat als Redakteurin für das ARD-Kinderfernsehen, als Moderatorin der WDR Sendung “Vetro” und als Dozentin für Journalistik an der Ruhr-Universität in Bochum gearbeitet. Hatef-Rossa war Mitglied der Jury des Prix Europa – Prix Iris (Berlin), des Fritz-Gerlich-Preis (Film Fest München) und ist in diesem Jahr zum zweiten Mal stellvertretende Vorsitzende der Nominierungskommission Fiktion für den Grimme-Preis.

Im Schwerpunkt geht es im Workshop um das Thema der Work-Life-Balance. Giti sagt: Denkt immer daran, dass Ihr Euch nicht überfordert!

„Sich total anstrengen ist totaler Quatsch“ (Helge Schneider-Zitat)

Machen Sie sich nicht verrückt. Die Selbstständigkeit verführt sehr stark zur Überforderung und Überarbeitung. Ein normaler Tag ist formal zwar vorhanden, jedoch bestimmen die Kinder den Ablauf. Der Tag beginnt, wenn die Kinder einen wecken. Gïti Hatef-Rossa hat zwei Kinder – einen Sohn, 2,5 Jahre alt, und eine Tochter, 5,5 Jahre alt, die schwerstbehindert ist und viel Pflege und Unterstützung benötigt. Der weitere Ablauf besteht aus Frühstück, anziehen, die Kinder versorgen. Wenn alle aus dem Haus sind, wird eine Tasse Tee getrunken und anschliessend die erste Arbeitsphase eingeläutet.

Am Nachmittag kommen Tochter und Sohn, was Familienalltag inkl. Therapie, Spielen, Kuscheln bedeutet. Wenn die Kinder schlafen, beginnt die zweite Arbeitszeit. Zum Beispiel muss ferngesehen werden. Um 22.00 Uhr geht es noch einmal an den Schreibtisch.

Kürzlich wurden bspw. Einschätzungen von sieben Büchern benötigt, um ein Buch darunter auszuwählen, das verfilmt werden soll. Dies war eine Auftragsarbeit, die gut funktioniert hat, gelesen wurde jedoch nachts. Hinzu kamen:

  • weitere Literatursichtungen
  • verfassen von Fernsehkritiken
  • Exposé, ist es sinnvoll, daraus ein Drehbuch zu machen?
  • Fertiges Drehbuch, wie kann man dieses verfilmen inkl. Finanzierung?

Arbeit ist dabei von zuhause einerseits sehr gut, aber es gibt keine Grenzen. Es ist wichtig, Arbeit und Freizeit zu trennen. Im Ablauf ist die Aufgabenplanung inkl. Deadlines ganz wichtig. Kinder machen einen zudem unglaublich effektiv. Perfektionismus und Kinder, Haushalt etc. funktioniert allerdings nicht.

Drei Schlüssel, die man weit weg legen sollte: Vergleich, Erwartungen, Vorurteile

Unangenehm bzw. schwierig ist dabei die ständige Aushandlung von Honoraren. Zudem muss ständig Akquise betrieben werden.

Selbstständig bedeutet nun einmal „selbst & ständig“

Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt für die Familienplanung. Es wird sich schon finden. Und es gibt nichts Schöneres, als wenn einen das eigene Kind anlacht. Karriere sollte keinen Gegenpol zur Familie bilden.

Gïti Hatef-Rossa versucht, ein Wochenende zu haben, und hält es für absolut unerlässlich, dass in einer Partnerschaft die Familienarbeit aufgeteilt wird, damit beide in der Lage sind, sich beruflich zu verwirklichen.

Stellen Sie sich die Frage: Was macht mich glücklich? Immer wieder zu merken, was macht mich froh.

Publikum: Wie kommen Sie an die Aufträge ran?

  • Klinken putzen. Immer wieder. Dran bleiben. Sekretariat nett sein, würdigen, schätzen.
  • Netzwerken, Ohren aufhalten, nett sein,
  • BBC Kinderfernsehen ist so bei ihr gelandet.
  • Über jeden Job wurden neue Leute kennengelernt. Daraus entstehen neue Jobs und Netzwerke. Grimme-Preis-Jury, Medienfrauen etc.

Publikum: Wusstest Du von Anfang an, was Du machen willst?

Nicht verrückt machen lassen. Eigentlich hatte ich keinen wirklichen Plan. Ursprünglich sollte es Reisejournalismus werden. Dann kam mein Mann und mit ihm der Gedanke an Familie

Publikum: Wie ist es, wenn Auftragsarbeiten nicht fristgerecht fertig werden? Gibt es eine Konventionalstrafe?

Wenn etwas verfristet wurde, wird es auch fertig. Zudem hilft es bei Zeitschwierigkeiten, noch einmal Rücksprache zu halten. Manchmal ergibt sich dann von allein, dass es gar nicht an dem ursprünglich ausgemachten Termin fertig sein, weil bspw. noch ein Wochenende dazwischen liegt. 

Publikum: Muss man im Berufsleben idealistische Vorstellungen über Bord werfen?

Bei der Arbeit muss man immer die Zielgruppe im Auge behalten. Zwischendurch kommt immer mal wieder etwas, was thematisch schön ist und den eigenen Idealen nahe kommt. Unterhaltung muss jedoch auch mal leicht sein.

Publikum: Wie sind Sie an die Kontakte herangekommen?

Persönliche Kontakte sind wichtig. Bei Veranstaltungen Leute ansprechen, die spannende Arbeiten erstellt haben. Ehrliche Wertschätzung ist im Miteinander wichtig.

Publikum: Ist es nicht vielleicht schwierig, wenn man Leute sympathisch findet, Werke kritisch zu betrachten?

Beim Feedback ist es wichtig, dies positiv und konstruktiv zu geben. Persönlicher Geschmack sollte dabei nicht im Vordergrund stehen, sondern bspw. ob es dramaturgische Fehler gibt.

Publikum: Woher weiß man, wieviel man wofür nehmen kann?

Es gibt Anhaltspunkte für die Recherche. Der WDR ist mit seinen Sätzen Orientierungspunkt, wobei diese im oberen Bereich liegen. Der Stundenlohn liegt bei 30 bis 35 Euro pro Stunde. Manchmal macht man auch einen Einstiegspreis, um weiterhin mitarbeiten zu können.

Publikum: Studiengang Theater, Film und Fernsehen. Was lernt man da, was kann man damit machen?

Alles und nichts. Man lernt dort etwas zur Dramaturgie, wie man Kritiken schreiben kann. Heute würde ich mir vor allem gute Dozenten suchen, Praktika machen, um Kontakte zu bekommen. Gute Mitarbeit sowie Umgänglichkeit sind immer wichtig.

Publikum: Wie sieht es mit Familienurlaub aus?

Momentan steht dieser nicht so im Fokus. Ist aber auch nicht so schlimm, wenn man sich zwischendurch kleine Inseln schafft.

Publikum: Hast Du genug Freizeit?

Gegenfrage: Hat man jemals genug Zeit?

„Was macht mich glücklich? Mit der Frage würde ich Sie gern nach Hause schicken.“

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