Medienfrauen NRW 2013 – Eröffnung und Panel 1

Veröffentlicht von richert am

Medienfrauen NRW 2013

mfr-2013_0040Wenige Tage nach dem diesjährigen Frauentag starten am 13.03. um kurz nach halb zehn die Medienfrauen NRW 2013 im Kölner Veranstaltungszentrum KOMED. Auch in diesem Jahr geht es um erfolgreiche Frauen in den Medien und die Wege, die sie dorthin geführt haben.

Den Anfang macht an diesem Tag Uwe Kammann, seines Zeichens Direktor des Grimme-Instituts, der betont, dass insbesondere seit der Jahrtausendwende viel in Bewegung gekommen sei: Es gibt im Mediengeschäft mittlerweile viele große Persönlichkeiten mit dem „eindeutigen Vorzeichen weiblich“. Gerade in diesen Branchen seien Frauen besonders erfolgreich, so Kammann. Das Spektrum der möglichen Tätigkeiten und Wege sei dabei viel weiter gefasst als noch vor zehn Jahren, dies ist in den Augen Kammanns aber durchaus auch kritisch zu beleuchten.

 Es folgt Angela Spizig, Bürgermeisterin der Stadt Köln, die in der „Stadt der starken Frauen“ tätig ist. Heute ist Köln zudem eine Medienstadt, in der viele erfolgreiche Frauen unterwegs sind: Editorinnen, Produzentinnen, Moderatorinnen, Drehbuchautorinnen – das Spektrum ist groß, betont auch Spizig.

mfr-2013_0057Am Beispiel zweier Fernsehproduktionen verdeutlicht Spizig, dass Frauen ihre Karriere nicht länger mit einem geschmälerten Privatleben bezahlen sollten – Beruf und Familie lassen sich nach wie schwer vereinen, hier muss sich etwas ändern. Es geht darum, „dass Frauen alles machen können, ohne dass das Privatleben darunter leidet“, daran knüpft sich auch eine politische Agenda. Wichtig sei es für angehende Medienfrauen auch, „ihrer Neigung zu folgen“; es gilt mutig zu sein und nicht immer nur den geraden Weg zu wählen: „Wir sind 50% der Gesellschaft und so wollen wir auch behandelt werden“

Dr. Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, weist in ihrer Eröffnungsrede ebenfalls darauf hin, dass nicht immer der geradlinige Weg ans Ziel führt, auch Sackgassen können Erfahrungen und Ideen bereithalten.

mfr-2013_0089Auch die Ministerin betont, dass für Frauen nach wie vor „viel im Argen“ läge: Neben zahlreichen Gewalttaten gegen Frauen stehen Beispiele struktureller Diskriminierung, etwa durch mangelnden Zugang zu Bildung.

Obwohl solche Extrembeispiele zunächst weit entfernt zu sein scheinen, ist auch bei uns in Deutschland noch viel zu tun, denn viele Entwicklungen gehen auch hierzulande nur schleppend voran. Wenn der Fortschritt also nicht von alleine kommt, stellt sich zwangsläufig die Frage nach einer Quote. Dabei darf die Quote laut Dr. Schwall-Düren keineswegs als unrechtmäßige Beschleunigung des Karrierewegs gesehen werden, viel mehr geht es darum, Vorurteile zu durchbrechen, die dafür sorgen, dass „Frauen von den guten Stellen ferngehalten werden“.

Während sich durch eine Quote sicherlich einiges zum Besseren verändern lässt, sind jedoch auch die Mädchen und jungen Frauen selbst gefragt: Viel zu häufig wählen sie noch „typisch weibliche Berufe“ – woran liegt das?

Diese Problematik setzt sich fort, wenn Frauen im Schnitt um 22% schlechter bezahlt werden als Männer. Obwohl dieser Unterschied schrumpft, ist er noch lange nicht verschwunden.

Während bei vielen dieser Probleme die Politik gefragt ist, sind auch gesellschaftliche Debatten über diese Themen von größter Wichtigkeit, wie sie zum Beispiel durch eine Veranstaltung wie die Medienfrauen angestoßen werden.

Nicht zuletzt ist auch jedes Mädchen / jede Frau selbst gefragt: „Wählen Sie klug“, denn Entscheidungen am Berufsanfang können weitreichende Folgen haben, darum gilt: „Hören Sie zu und fragen Sie nach!“

„Machen Sie sich klar, dass Sie jetzt Entscheidungen treffen, mit denen Sie auch noch in 30 Jahren zufrieden sind. Seien Sie klug. Machen Sie sich schlau, hören Sie zu und fragen Sie nach.“

Auf diese Eröffnungsreden folgt im Anschluss das Panel 1, das sich „erfolgreichen Frauen in den Medienbranchen“ widmet.

  • Pia von Houwald / E-Plus

  • Petra Kohnen / Deutsche Welle Akademie

  • Kim Lenar / BILD

  • Claudia Pelzer / crowdsourcingblog

 

Frage Lesnik: Wie sieht der typische Arbeitstag aus?

mfr-2013_0176Lenar: Der Tag beginnt mit dem Lesen von Zeitungen, Agentursmeldungen etc., um sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen. Es folgt eine Konferenz, in der die Ressorts ihre wichtigsten Meldungen vorstellen. Danach kommen zahlreiche weitere Konferenzen, in denen es darum geht, „das Blatt zusammenzustellen.“. Der Tag ist also mit Gesprächen und Bastelarbeiten gefüllt. Ab dem Nachmittag wird dann die eigentliche Zeitung zusammengestellt, die bis nachts um halb eins fertiggestellt sein muss. Die Tage sind grundsätzlich voll und anstrengend und enden selten pünktlich.

Kohnen: „Ich arbeite immer“, deshalb kann Kohnen keine festen Tagesabläufe vorweisen. Durch ihre unterschiedlichen journalistischen Tätigkeiten war sie stets viel unterwegs, Arbeitszeiten von neun bis fünf gibt es für sie nicht. Durch ihre Arbeiten im Ausland – momentan in Ägypten – hat sie sich mitunter auch in gefährliche Situationen begeben (müssen).

Von Houwald: Von Houwald nimmt sich früh am Morgen Zeit für sich selbst, indem sie joggen geht, danach versorgt sie ihre Kinder. Fürs Büro gilt: „Es gibt keinen Tag, der dem anderen Tag gleicht“, jeder Tag beginnt unterschiedlich: Manchmal geht es um das Prüfen von Verträgen oder die Entwicklung von Tarifmodellen, während an anderen Tagen ganze Geschäftsmodelle entwickelt werden müssen. Von Houwald selbst findet das Dasein als Frau im Berufsleben nicht schwierig, in ihrer Abteilung beläuft sich das Verhältnis von Frauen und Männern auf 50/50. „Ganz bestimmt“ gibt es in von Houwalds Augen Bereiche, in denen eine Quote nötig ist, jedoch sollte diese nicht pauschal verordnet werden – für von Houwald ist es im Beruf grundsätzlich nicht von Nachteil, eine Frau zu sein: „Ich würde nichts davon missen müssen“, sagt sie abschließend.

Pelzer: „Das einzge, was es bei mir nicht gibt, ist ein typischer Tag.“ Pelzer arbeitet an unterschiedlichen Orten mit sehr unterschiedlichen Menschen und muss sich schnell um- und einstellen können, wichtig für ihre Arbeit ist die ständige Verfügbarkeit des Internet.

Frage Lesnik: Wie kommt man dahin, wo man ist?

mfr-2013_0129Kohnen: Wollte eigentlich Lehrerin werden, hat Chemie studiert, nebenbei Anglistik/Philosophie; Referendariatsplätze waren jedoch knapp, deshalb entschied sich Kohnen zusätzlich für ein Studium der Kommunikationswissenschaft, über das sie in den Privatfunk kam. Letztendlich kam sie so auch zur Deutschen Welle, wo sie sich nebenbei weiter qualifizierte und engagierte.

Pelzer: „Man muss für ein Thema brennen und unglaublich neugierig sein“, das sind mögliche Erfolgsrezepte. Man braucht „einen roten Faden“, am dem man sich entlang hangelt und um den herum man seine Karriere strukturiert.

Von Houwald: Wusste nach dem Abitur nicht, was sie machen wollte: Fing nach einem Auslandsaufenthalt zuerst eine Fotografie-Lehre an, die jedoch nicht das Richtige war. Nachdem sie sich an einigen Stellen ausprobiert hatte, begann sie schließlich mit einem BWL-Studium, das sich zum Selbstläufer entwickelte. Wichtig ist nach von Houwalds Meinung, dass man sich auf seinem Karriereweg nicht zu leicht abschrecken lässt: „Man muss sich treiben lassen“, darf sich aber gleichzeitig nicht verbiegen. Man muss flexibel und veränderungsbereit sein, darf aber den Spaß nicht aus den Augen verlieren.

Lenar: Auch Lenar betont, dass sich treiben und sich nicht verbiegen lassen ein mögliches Erfolgsrezept ausmachen. Lenar wusste von Beginn an, dass sie schreiben wollte, ging deshalb erst einmal zur Hamburger Morgenpost, bekam dort ein Volontariat ohne vorheriges Studium. Auch laut Lenar ist Neugier wichtig, ebenso wie die Bereitschaft, „sich auszuprobieren“. Nach der Zeitung folgte die Arbeit für RTL Nord, die sich ebenfalls zum Selbstläufer entwickelte. Dabei lernte sie auch die Schattenseiten ihres Berufs kennen: Es folgte ein Burnout, das sie in einer Klinik behandeln ließ. Seitdem weiß Lenar, dass sie vor allem für sich selbst verantwortlich ist und wie wichtig es sein kann, „Stopp“ zu sagen. Als Konsequenz ging sie in die Selbstständigkeit und landete über Umwege bei BILD. Spannend sei an ihrem Beruf vor allem, dass sich die Tätigkeitsfelder permanent verändern. Deshalb ist es extrem wichtig, „offen und neugierig“ zu sein, auch Mut ist gefragt: „Es funktioniert alles, wenn man dafür brennt“, man muss „dem Zufall eine Chance geben“, wie Lesnik hinzufügt.

Frage Lesnik: Wie normal und wichtig ist das Scheitern?

mfr-2013_0165Pelzer: Scheitern gibt es in dem Sinne nicht, denn jeder Weg birgt Erfahrungen. Oft hilft ein vermeintliches Scheitern auch, um herauszufinden, was man will und was nicht. Man muss Dinge weglassen können, die „nicht gut tun oder nicht gefallen“

von Houwald: Jede Station im Leben ist Teil der Persönlichkeitsentwicklung; wenn man sich für Veränderungen entscheidet, tun sich häufig auch neue Möglichkeiten auf. Dazu gehört jedoch der Mut zur Veränderung.

Kohnen: Für sie ist es wichtig, dass man zu dem steht, was man tut – dafür hat sie auch den ein oder anderen Knick in der Karriere in Kauf genommen: „Ich habe mir nie reinreden lassen.“ Auch Kohnen vertraut – wie alle Teilnehmerinnen – darauf, dass es immer irgendwie weitergeht, wenn man sich engagiert.

Frage Lesnik: Was hat sich in den letzten 12 Monaten getan in Sachen Frauen?

Lenar: Momentan arbeiten bei der BILD zwei Chefredakteure unterschiedlichen Geschlechts, die nach Meinung Lenars „unterschiedliche Geschichten“ auswählen, die auch jeweils unterschiedlich erzählt werden.

Von Houwald: Im IT-Bereich von E-Plus arbeiten wenige Frauen, im Marketing sind es mehr als die Hälfte; im Management ist die Entwicklung positiv: die Quote liegt zwischen 16 – 20%

Pelzer: Im Bereich Co-Working ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen, auf Startup-Veranstaltungen etwa fehlt es noch an Frauen, hier ist Pelzer „eine der wenigen Frauen vor Ort“.

Kohnen: Auch bei der DW überwiegt die Anzahl der Männer, wenngleich mehr Frauen Führungspositionen besetzen als vor 20 Jahren, es gibt aber noch viel zu tun.

Frage Lesnik: Frau-Sein als beruflicher Nachteil?

Lenar: Sie hatte nie das Gefühl, wegen ihrer Weiblichkeit benachteiligt zu werden; oft stand ihr jedoch ihre eigene Einstellung im Weg, etwa wenn es darum ging, für gute Arbeit auch selbstbewusst eine entsprechende Bezahlung zu fordern.

mfr-2013_0152Von Houwald: Auch Houwald empfindet keine Benachteiligung, sie stimmt jedoch Lenar zu, dass Frauen mitunter zu zögerlich sind, Forderungen zu stellen.

Pelzer: Sie bescheinigt Männern in vielen Fällen „totale Selbstüberschätzung“, hier sind Frauen zurückhaltender, was ihnen häufig zum Nachteil gereicht. Dabei geht es jedoch nicht darum, sich dem männlichen Verhalten anzugleichen, denn darunter leidet das Selbstbild und das Arbeitsumfeld.

Frage Lesnik: Wie lassen sich Familie und Karriere verbinden?

Lenar: Dies ist immer eine schwierige Entscheidung, bei Springer gibt es beispielsweise einen Kindergarten, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert. Frauen mit Kindern auf der Führungsebene könnten hier positive Beispiele bieten.

Kohnen: Für Berufe, in denen häufiges Reisen gefragt ist, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf so gut wie nicht gegeben. Sie hat selbst bereits während des Studiums ihre Kinder bekommen, sodass die spätere Reisetätigkeit möglich war.

Von Houwald: Wenn Familiengründung ein Ziel im Leben ist, muss man es einfach tun und dann findet sich auch ein Weg: „Das muss irgendwie zusammenpassen.“ Die Karriere hat in dieser Zeit durchaus stagniert, dennoch hat es auf lange Sicht nicht geschadet.

Pelzer: Als Freelancerin ist man grundsätzlich flexibler. Als Festangestellte in Unternehmen kann man zwar auf eine Planstelle zurückkehren – aber ob das noch der gleiche Job ist wie vorher? Zudem gibt es infrastrukturelle Probleme, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung, deshalb muss man sich „seinen Weg basteln“. Durch die neuen, mobileren und flexibleren Arbeitswelten verbessern sich möglicherweise auch die Möglichkeiten.

Frage Lesnik: Welche „Magic Moments“ / Schlüsselerlebnisse gab es?

Lenar: Die Anschläge vom 11. September waren für Lenar ein Schlüsselerlebnis: Wie erzähle ich das? Wie gebe ich es weiter? Was muss und darf man zeigen?

Kohnen: Ihr Beruf hielt viele Highlights bereit wie bspw. der Umgang mit zahlreichen Politikern sowie das Miterleben von Entscheidungsprozessen.

von Houwald: Viele kleine Dinge machen das Ganze aus und treiben an, „den großen Moment“ gab es nicht, wichtig ist Selbstvertrauen: „Du bist was, du kannst was, finde deinen Weg.“

Pelzer: Von kleinen Momenten kann – nach dem Modell der Lawine – eine große Sogkraft ausgehen: Man arbeitet sich immer intensiver ein, lernt entsprechende Menschen kennen.

 Abschließende Statements

mfr-2013_0190Lenar: Es ist wichtig darauf zu vertrauen, dass etwas Anderes kommt, Vertrauen in sich selbst ist zudem entscheidend, „Folgt eurem Bauchgefühl!“, „Lasst euch nicht entmutigen!“, „Bleibt neugierig!“

Kohnen: „Man muss offen bleiben“, Veränderungen gehören dazu, ebenso die Bereitschaft, immer Neues hinzuzulernen, man sollte das machen, wozu man motiviert ist, Frauen müssen „nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten“.

von Houwald: Die drei Eigenschaften Leistungsbereitschaft, Motivation sowie Veränderungsbereitschaft sind wichtig.

Pelzer: „Sucht euch ein Thema, für das ihr brennt, scheut euch nicht, damit rauszugehen, sucht euch Menschen für euer Netzwerk“, „Scheut euch nicht davor, einen Umweg oder Schlenker zu nehmen“, dann „kommt das eine zum anderen“.

 

Julia Wilms & Maria Roca Lizarazu

 

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